"Die elementare Physik definiert etwa so: Töne sind 'Schwingungen der Luft', das Licht aber 'Schwingungen des Äthers'. [... Die] unbedingte Feststellung, daß irgendwelche 'Entsprechungen' zwischen beiden überhaupt nicht möglich sein können, [ist] nach den neueren physikalischen Einsichten - nachdem wir uns schon daran gewöhnt haben, die Optik nur als Spezialgebiet der Elektrizitätslehre zu betrachten und möglichst alle Dinge elektrodynamisch zu erklären - heute nicht mehr angebracht. [...] Praktische Möglichkeiten einer positiven Lösung des Problems [der "Farbe-Ton-Forschung"] würden zum Beispiel gegeben sein, wenn es gelänge, Licht und Schall von Ihren Trägern - Äther bzw. Luft - unabhängig zu machen und außerdem elektrische Wellen zu Trägern für beide gemeinsam zu bestimmen."(1) Walter Brinkmanns Beschreibung der "hörbaren Farben" führte László Moholy-Nagy 1927 als Beispiel einer "wissenschaftlich fundierten Optophonetik" an, die sich dem Irrtum verschloß, "die Problematik des Optisch-Kinetischen mit der Problematik des Akustisch-Musikalischen zu verschmelzen"(2). Diesem Fehler seien Theoretiker, die seit der Antike feste Beziehungen zwischen Intervallen respektive Tönen und Farben oder anderen Sinneseindrücken postulierten, ebenso erlegen gewesen wie die lange Reihe von Anhängern des Farblichtklaviers, angefangen von dessen erstem Konstrukteur Louis Bertrand Castel (1754) bis zu Alexandr Skrjabin (Le Poème du feu 'Prométhée', 1910) und dem Pianisten Alexander László (Die Farblichtmusik, 1925).(3) Aber auch die frühen Vertreter des Abstrakten Films wie Walter Ruttmann und Viking Eggeling und den am Bauhaus mit seinen "Reflektorischen Farblichtspielen" experimentierenden Ludwig Hischfeld-Mack(4) trifft Moholy-Nagys Vorwurf, die Verbindung visueller und akustischer Reize nur auf der Ebene unsicherer Spekulation und letztlich willkürlicher Subjektivität zu erreichen. Demgegenüber wirkt Walter Brinkmanns Entwurf der rein technischen Umsetzung von Licht in Klang unter Verwendung von Photozellen(5) bestechend konsequent.
Zu den frühesten Zeugnissen der Klangerzeugung durch lichtempfindliche Zellen gehören die Experimente, die Alexander Graham Bell 1880 zur Entwicklung des Photophones führten, einer Vorrichtung, die Sprache mittels modulierter Lichtstrahlen übertragen sollte. An Stelle eines Galvanometers wollte Bell ein Telephon benutzen, um die vom Lichteinfall abhängige elektrische Leitfähigkeit von Selen zu messen. Da Telephone jedoch nach dem Prinzip der Induktion arbeiten und nicht auf konstante elektrische Potentiale, wohl aber auf deren Änderung reagieren, setzte man das Selen in rascher Folge abwechselnd Licht und Dunkelheit aus, wodurch ein Ton erzeugt wurde, dessen Frequenz zur Geschwindigkeit des Beleuchtungswechsels proportional war. Bell konstatierte: "I was much struck by the idea of in this way producing sound by the action of light."(5)
Das von Bell wahrscheinlich erstmals beschriebene und 1888 von Ernest Mercadier patentierte Prinzip der Lichtsirene(6), bei dem eine rotierende undurchsichtige, mit regelmäßig angeordneten Löchern oder Schlitzen versehende Scheibe den auf eine Photozelle gerichteten Lichtstrahl unterbricht, kam von 1916 an in einer Vielzahl photoelektrischer Spielinstrumente zur Anwendung.(7) In der Regel korrespondieren zwölf Scheiben unterschiedlicher Geschwindigkeit mit den Tönen der chromatischen Skala, wobei mehrere konzentrisch angeordnete Lochreihen verschiedene Oktavlagen oder Klangfarben bereitstellen. Dabei verwandte man gezeichnete Wellenformen ebenso wie im Lichttonverfahren hergestellte Aufnahmen akustischer Pfeifenorgeln.(8)
Weite Verbreitung fand die optophonetische Klangerzeugung mittels Photozellen durch das 1927 eingeführte Tonfilmverfahren bis zu seiner Verdrängung durch den Magnetton in den vierziger Jahren. Sein Bedarf an lichtempfindlichen Zellen geringer Trägheit stellte lange Zeit den wichtigsten Markt für diese Produkte der Elektroindustrie dar.(9) Doch trotz der 1929 einsetzenden Experimente verschiedener Künstler synthetische Klänge zu erzeugen, indem sie den Tonstreifen selbst gestalteten, blieben Bild und Ton in der Regel technisch voneinander getrennt. Die konzeptionelle Verbindung beider Ebenen unternahmen 1932 Moholy-Nagy in dem Film Tönendes ABC (10) und Oskar Fischinger in Klingende Ornamente (11), die dem Betrachter genau jene Formverläufe zeigen, die gleichzeitig auf der Tonspur den Klang erzeugen. Allerdings ist diese Relation von Bild und Klang nicht eineindeutig: Da die Photozelle nur Veränderungen von Lichtintensitäten registriert, nicht aber bestimmte Muster, erzeugt ein visueller Verlauf zwar immer wieder den gleichen Klang, doch können ganz verschiedene Filmsequenzen zum gleichen akustischen Eindruck führen. Überraschenderweise kritisiert Wolja Saraga in einem zeitgenössischen Artikel gerade diese Inkonsistenz von Fischingers Verfahren, nicht etwa die fehlende Verzahnung von Bild und Ton auf wahrnehmungsspychologischer Ebene.(12) Daß multimediale Kunst mit Photozellen in der Regel Konzeptkunst ist, scheint in den dreißiger Jahren bereits unausgesprochen akzeptiert gewesen zu sein.
In den bisher beschriebenen Verfahren fungiert die lichtempfindliche Zelle als Bauteil eines mechanischen photoelektrischen Klanggenerators. Die Frequenz des Lichtwechsels entspricht exakt der des erzeugten Klanges; das rasche, mit dem Auge nicht wahrnehmbare Flimmern wird Klang. Ein Wendepunkt in der Geschichte der optophonetischen Kunst bedeutet der Einsatz von Photozellen als bloße Steuerelemente, die einen dem Lichteinfall proportionalen elektrischen Widerstand oder Strom erzeugen und damit verschiedene Parameter eines - nicht notwendig elektrisch erzeugten - Klanges beeinflussen. Licht regelt nur noch Klang. Zu den frühen Beispielen hierfür gehört ein 1932 von dem oben bereits zitierten Wolja Saraga entworfenes monophones Spielmanual.(13) Dem Vorbild des durch Handbewegungen in einem elektrischen Feld in Tonhöhe, Lautstärke oder Klangfarbe gesteuerten Thereminvox folgend, konnte hier das durch einen schmalen, V-förmigen Schlitz in einen Kasten eindringende Licht mit einer Hand variiert werden. In dem innen weiß gestrichenen Kasten war eine Photozelle so angebracht, daß sie von direktem Licht nicht erreicht werden konnte. Die Zelle steuerte die Frequenz eines elektrischen Schwingkreises über einen Bereich von vier Oktaven, wobei entgegen der üblichen Assoziation der geringste Lichteinfall mit dem höchsten Ton korrespondierte. Solche optischen Steuerungen haben sich im Instrumentenbau allerdings nicht durchsetzten können. Frederic Rzewskis Photozellen-Mixer von 1965, mit dem über vier auf einer Scheibe montierte Photozellen ein vierkanaliges Signal gemischt werden konnte, blieb eine Ausnahme.(14)
Für künstlerische Zwecke neu entdeckt wurde die Photozelle durch die Vertreter des Happenings in den USA der fünfziger und sechziger Jahre. Als Lichtschranke eingesetzt stellte sie eine einfache Möglichkeit dar, technische Abläufe durch die Bewegung von Darstellern oder Besuchern zu beeinflussen. 1966/67 installierte Phill Niblock ein Environment in New York, in dem die Besucher beim Umhergehen unauffällig plazierte Lichtschranken unterbrachen und damit Filmprojektoren und Tonbandgeräte, zum Teil zeitverzögert, ein- oder ausschalteten.(15) Im gleichen Jahr steuerten die Akteure in John Cages Variations VII über 30 auf der Bühne angeordnete Photozellen einen Live-Mix aus Telephonübertragungen, Körperklängen, mit Kontaktmikrophonen verstärkten Geräuschen, Radio- und TV-Sendungen sowie den Klängen verschiedener elektrischer Geräte aus Küche und physikalischem Labor.(16) Natürlich ist in diesen Beispielen das Licht nicht mehr die Information selbst, sondern nur noch deren Träger, der etwa angibt, ob sich in einem bestimmten Raumsegment ein lichtundurchlässiger Gegenstand befindet oder nicht. Doch entwickelten die Happening-Künstler aus dem experimentellen Umgang mit audiovisuellen Medien heraus die Idee, Photozellen auf einen Fernsehbildschirm oder eine Filmleinwand zu montieren und so die Lichtintensität einzelner Bildpunkte zur Klangsteuerung heranzuziehen. Ganz im Sinne Moholy-Nagys war so wieder der Weg zu einer optophonetischen Kunst beschritten, die außerdem nun in einem sehr modernen Sinne ihre Mittel bloßlegte: Die Erzeugung des Klanges findet nicht mehr vor dem Betrachter verborgen und letztlich nicht kontrollierbar im Filmprojektor statt, sondern die Photozellen bilden auf der Leinwand zusammen mit ihren herunterhängenden Kabeln ein gleichbleibendes, die Projektion störendes Muster. Der Zuschauer ist sich der Methode der Klangerzeugung stets bewußt und versucht mitunter, ihre Regeln zu ergründen.
Ein früher Beleg für solch eine Anordnung ist John Cages Variations V von 1965. In der nach der Uraufführung angefertigten Partitur formuliert Cage: "Fernseher (bevorzugt Kabel-TV mit Bildverzerrung) und/oder (bevorzugt überlagerte) Filmprojektion von Tanz und anderen Bildern. Variation: Anordnung von photoelektrischen Zellen auf Bildschirm bzw. Leinwand".(17) Die an den Photozellen ermittelten Lichtwerte wurden jedoch mit etlichen anderen Steuersignalen überlagert, die zusammen ein extrem komplexes Klangsystem beeinflußten. Ein nachvollziehbares Verhältnis von Bild und Klang konnte so unmöglich entstehen. Weitaus klarer legte Phill Niblock 1967 seine Projektionsstücke an, in denen die auf der Leinwand befestigten Photozellen mit jeweils einem separaten Schwingungsgenerator verbunden wurden.(18) Jeder Meßpunkt korrespondiert mit einer Stimme, die bei zunehmender Helligkeit ansteigt, bei Abdunkelung sinkt und sich entsprechend der Veränderung des Filmbildes in unterschiedlich schnellen Glissandi oder in Sprüngen bewegt. Niblock, der auch als Filmemacher in Erscheinung tritt, hat weder besondere Filme für diese Stücke hergestellt, noch ihre Auswahl an den Klangergebnissen orientiert. Seine Haltung entspricht eher der eines Forschers, der seine Stummfilme auch hören möchte.
Einen technisch ähnlichen Aufbau, der jedoch zu akustisch komplexeren Gebilden führt, verwendet Yasunao Tone für seine Molecular Music #1 - #3 (1982-85). Der Komponist und Fluxus-Künstler, der in Tokio japanische Literatur studierte, bevor er sich als Gründungsmitglied der Ongaku-Gruppe 1960 der experimentellen Musik zuwandte und schließlich nach New York auswanderte, arbeitet seit dem Performancestück Voice and Phenomena (1976) an der Visualisierung und akustischen Umsetzung chinesischer Schriftzeichen. In den entsprechenden Filmen werden nicht etwa die Zeichen selbst projiziert, sondern Bilder, die mit deren ikonographisch-etymologischen Hintergrund in Verbindung stehen. Das Bildzeichen "nemokoroni" etwa hat die Bedeutung "ernsthaft" und läßt sich aus den Zeichen "zu Tode verbrannte Person", "Herz" und "Pflug" ableiten. Die Filmpassage, die mit diesem Zeichen korrespondiert, würde also die genannten drei Bilder in Überblendung zeigen. In Molecular Music wird die Abfolge der Schriftzeichen durch vier Gedichte und eine Orakelknocheninschrift aus dem antiken Japan bestimmt. Tone legt Wert darauf, daß "das Stück jede Willkür des Autors ausschließt, indem es bei der Auswahl der Bilder sich strikt an etymologischer Forschung orientiert und ganz genau der poetischen Struktur der Gedichte folgt."(19)
Die optophonetische Vertonung von Texten führt zu einer extremen Abstraktion vom literarischen Ausgangsmaterial. Wie bei Cages Variations V kann das Verhältnis von Projektion und Musik vom Betrachter nicht nachvollzogen werden, wiewohl sich dieser durch die im Projektionsfeld hängenden Photozellen und Kabel stets des konzeptionellen Bezugs beider Wahrnehmungsebenen bewußt ist. Außerdem teilt Tone den Wortlaut der in seinen Stücken umgesetzten Gedichte nicht mit, verschweigt also den außermusikalischen Inhalt seiner Programmusik. So reduziert sich das komplexe Konzept für den Betrachter auf die Folge spannungsvoller und aggressiver Bilder und den im gleichen Rhythmus wechselnden, flirrend insistierenden Klang. Daß das Licht für Tone ein austauschbarer Träger der Bildinformation ist, zeigt seine rein digitale Komposition Musica Iconologos (1993). Hier wurden die nach dem gleichen Prinzip ausgewählten Bilder zunächst mittels Scanner in einen Computer eingelesen. Diese Bilddateien ließ Tone in Soundfiles umrechnen, die dann wieder der Struktur des Gedichtes folgend aneinandergereiht und auf CD gebrannt wurden.(20)
Vom Licht unmöglich zu lösen sind hingegen die seit 1992 entstandenen, streng konzeptionellen Projektionsstücke der belgischen Photographin Maria Blondeel. Für 1/2 Lune Vache Bleue sammelte und photographierte sie zwei Monate lang die Barcodes von Verpackungen verschiedener Alltagsartikel, woraufhin sie die 13 Stellen der am unteren Rand der Barcodes erscheinenden Ziffern dazu nutzte, die Reihenfolge der Dias, sowie die verschiedenen Parameter ihrer computergestützten Projektion (Orientierung, Lichtstärke, Einblendzeit, Projektionsdauer, Flackern, Frequenz des Flackerns, Ausblendzeit, Diawechsel) festzulegen. Der während der Aufführung wiedergegebene Klang (die Künstlerin spricht ausdrücklich von "Sound" statt von Musik) wird bei allen optophonetischen Stücken Blondeels auf die gleiche Weise vorproduziert: Die Bilder eines jeden der bis zu vier gleichzeitig zum Einsatz kommenden Diaprojektoren werden unter Verwendung der jeweiligen Steuerdaten auf eine Matrix von zwölf Photozellen projiziert. Jeder Photozelle ist ein separater Rechteckgenerator zugeordnet, wobei helle Flächen hohe und dunkle tiefe Frequenzen erzeugen. Die von den Projektoren generierten Klangverläufe werden getrennt aufgenommen und anschließend zusammengemischt.
Blondeel beschreibt dieses Verfahren als "Übersetzung der Bild-Dichten in Rechteckschwingungen"(21). Dabei sind es nicht nur die Helligkeitsverteilungen der einzelnen Dias selbst, sondern auch die durch die Projektion entstehenden Intensitätsverläufe, die der Soundtrack spiegelt. Da die Dias selten abrupt wechseln, sondern auf- und abgeblendet werden, dominieren aus der Tiefe aufsteigende oder in diese zurückführende Glissandi unterschiedlicher Geschwindigkeit. Flackernde Projektionen führen zu Vibrati, die, in Abhängigkeit von der Grundhelligkeit des jeweiligen Bildes, teilweise sehr große Tonbereiche durchmessen. Während die gleichzeitige Projektion verschiedener Bilder es oft unmöglich macht, dem Helligkeitsverlauf eines einzelnen zu folgen, bleibt die durch getrennte optophonetische Umsetzung gewonnene Mehrstimmigkeit stets klar durchhörbar. Die bis zu zwölf Tonhöhen eines Dias verschmelzen durch ihren genau parallelen diasthematischen Verlauf zu einer Figur, die sich von den bis zu drei weiteren deutlich abhebt. So entsteht auch auf der Wahrnehmungsebene eine überzeugende Verbindung von Bild- und Klangverlauf, weshalb Maria Blondeels Projektionsstücke zu den Höhepunkten optophonetischer Kunst zählen dürfen.
Klanginstallationen sind eine weitere Domäne lichtempfindlicher Zellen. Seit den siebziger Jahren finden hier vor allem Solarzellen Verwendung, wobei die in dieser Zeit einsetzende Gewinnung von Solarenergie mittels photovolavischer Anlagen die Nutzung des wechselnden Tageslichts als Steuerelement für musikalische Verläufe nahelegte. Im vorangegangenen Jahrzehnt hatten La Monte Young und andere Vertreter der Minimalmusic mit ihren potentiell ewig andauernden Konzerten den Boden für diese neue Kunstform bereitet, und ihre Nähe zu asiatischen Einheitsvorstellungen von Welt, Natur und Kunst ließen die Integration des natürlichen Lichts in künstlerische Zusammenhänge ebenfalls wünschenswert erscheinen. 1979 stellte Alvin Lucier seine Klanginstallation Solar Sounder I auf, eine Anordnung mehrerer auf Säulen befestigter Solarkollektoren, die für weitere Arbeiten mit Solarzellen im Außenraum stilbildend wurde(22). Der Komponist erklärt deren Funktion wie folgt: "Wenn Sonnenlicht mit unterschiedlicher Intensität zu verschiedenen Tages- und Jahreszeiten unter verschiedenen Wetterbedingungen auf die Zellen fällt, werden unterschiedliche Spannungsmengen gesammelt, die eine Anzahl von elektrischen Modulen, Verstärkern und Lautsprechern in Schwingungen versetzen und eine ständig sich verändernde Musik schaffen. Bäume und Büsche in der Umgebung, Ecken von angrenzenden Gebäuden, vorbeigehende Menschen, vorbeifahrende Autor, können Schatten werfen oder genug Sonnenlicht absorbieren, um weitere Veränderungen der Musik herbeizuführen. [...] In den meisten Fällen wird die Grundklangquelle ein Impulsgenerator sein, der wegen seines niedrigen Stromverbrauches eingesetzt wird [...]. Zur Klangfarbenkontrolle werden Filter benutzt. Alle Systeme werden jedoch ausschließlich durch Sonnenenergie betrieben. Die Erzeugung, Verbreitung und Qualität der Musik wird allein von der Intensität der Sonnenstrahlen in jedem einzelnen Moment bestimmt."(23)
Davon nicht prinzipiell verschieden sind Klanginstallationen in Innenräumen, die mittels Solarzellen gesteuert oder betrieben werden, wobei die Künstler bemerkenswerterweise auch hier das Sonnenlicht künstlicher Beleuchtung vorziehen. Rolf Julius plazierte seine mit elektrischen Bauteilen und Kabeln übersäten Tische der Werkreihe Light Music (1985-88) zumeist in der Nähe von Fenstern(24), und Joe Jones installierte 1988 für Solar Music Hot House ein kleines Orchester aus von solarzellengespeisten Motoren automatisch gespielten Schlag- und Zupfinstrumenten in einem gläsernen Gewächshaus(25). Daß er tatsächlich "Sonnenmusik" zu Gehör bringen möchte, betont der Künstler durch die Plazierung der Solarzellen auf Notenständern: "Stellt man die Sonnenzellen so auf, als wären sie Noten, so liegt der Witz der Sache darin, daß die 'Noten' die Musik selbst 'spielen', während die Sonne die eigentliche Partitur vorgibt."(26) Einen engen Naturbezug hatte Jones bereits 1977 in seiner Arbeit Sound Forest hergestellt, für die er solarzellengetriebene Instrumente in Bäumen befestigte(27). Auch Harald Kubiczaks Singing in the Sun (1991) mit von 30 in einem Baum plazierten Solarpanels betriebenen piezoelektrischen Signaltongebern drängt die Assoziation an Vögel auf, deren Gesang mit dem Stand der Sonne wechselt.(28)
Solche Versuche von Klangkünstlern, Abläufe der Natur in ihren Werken akustisch zu parallelisieren, folgen nicht mehr dem Prinzip der Übersetzung von Licht in Klang. Zu vielfältig sind die Einflüsse, die die Schwankungen des diffusen, von Solarzellen empfangenen Tageslichts bewirken, als daß eindeutige Relationen zwischen ihnen und dem Klang ausgemacht werden könnten. Zwar gibt für Joe Jones "die Sonne die Partitur vor", doch vermutet er nicht wie vor ihm Walter Brinkmann "bestimmte Entsprechungen" zwischen Licht und Klang. Wie Alvin Lucier versteht er seine Klanginstallation als Komposition, die durch das Licht lediglich "gespielt" oder "aufgeführt" wird.
Einzig Felix Hess versucht, den Gedanken der optophonetischen Kunst in den Bereich der Klanginstallation zu übertragen. Seine programmatisch How Light is Changed into Sound (1995) benannte Arbeit mißt über Solarzellen das Streulicht in einem Innenraum und steuert mit den gewonnenen Werten den Tonhöhenverlauf oder das Tempo der Repetition eines sonst konstanten Klanges. Hess erklärt dazu: "Einfach ausgedrückt, gibt es drei Teile als Hauptkomponenten, jedes mit einer anderen Funktion: 1. Die Solarzellen wandeln Lichtenergie in elektrische Energie. 2. Die elektronischen Teile verformen die elektrische Energie. 3. Die piezoelektrischen Elemente wandeln elektrische Energie in Klangenergie. So wird Licht in Klang gewandelt."(29) - Die Erfahrungen, die der Rezipient mit dieser Installation macht, zeigen jedoch auf, daß der Betrachter Licht stets als Bild wahrnimmt. Leichte Veränderungen des Klanges lassen sofort nach der Ursache des unscheinbaren Lichtwechsels fragen, das Licht erscheint nicht als eigene Entität sondern als Mittler von Veränderungen im Raum. Die einzig diffuses Licht erfassende Lichtzelle ist im optophonetischen Sinne blind: Rauschen wäre ihr akustisches Äquivalent.
Volker Straebel 97